Akutmanagement – präklinische Geburt

Im Jahr gibt es ca. 700.000 Geburten in Deutschland mit steigender Tendenz. Es beginnen ca. 2 % außerhalb der Klinik, was immerhin ca. 14.000 Geburten entspricht. Natürlich werden nicht alle diese Kinder auch präklinisch geboren, oft gelingt dem Rettungsdienst noch der Weg in den „rettenden“ Kreißsaal.

Allerdings „erfreut“ sich auch die Hausgeburt einer wachsenden Beliebtheit. Dies hat leider zur Folge, dass auch die Rate an Geburtskomplikationen außerhalb der Klinik zunimmt. Mit anderen Worten, die präklinische Geburt wird ein häufigeres Meldebild, wie wir auch selbst aus den letzten Jahren bestätigen können.

Man schätzt, dass zwischen 10.000 – 12.500 Geburten pro Jahr ungeplant außerhalb der Klinik vollendet werden. Also Grund genug für uns, sich einmal richtig mit der Thematik auseinander zu setzen.

Wie läuft eigentlich so eine Geburt ab?

Ganz klassisch wird die Geburt in Eröffnungs, Austreibung und Nachgeburtsphase unterteilt.

Kommt es zu einem vorzeitigen Blasensprung, also ein Blasensprung vor dem Einsetzen regelmäßiger Wehen, (häufiger Alarmierungsgrund für RTW solo) treten in 70 – 90 % der Fälle die Geburtswehen innerhalb von 24 Stunden ein.

Eröffnungsphase

Die Eröffnungsphase bezeichnet die Wehentätigkeit bis zum vollständig eröffneten Muttermund (ca. 10 cm). Der Wehenabstand beträgt 5-10 Minuten und es können auch Schmierblutungen (sogenannte Zeichnungsblutungen) auftreten.

Die Dauer variiert stark, im Mittel liegt sie bei ca. 10 Stunden bei Erstgebärenden. Bei Mehrgebärenden variiert die Dauer zwischen 3 und 8 Stunden. Bei einem regelrechten Geburtsablauf kommt es am Ende der Eröffnungsphase zum Blasensprung.

Austreibungsphase

Definiert ist diese als Abschnitt von der vollständigen Muttermundseröffnung bis zur Geburt des Kindes. Gekennzeichnet ist die Phase durch eine zunehmende Wehenfrequenz, wobei die Lehrmeinungen hier auseinander gehen welcher Wehenabstand hier minimal erreicht wird. Wir gehen der Einfachheit halber von einem Wehenabstand von weniger als 5 Minuten als kennzeichnend für die Austreibungsphase aus.

Die Dauer dieser Periode ist stark variabel und ebenfalls abhängig davon ob es sich um eine Erstgebärende oder um eine Mehrgebärende handelt.

Eine PDA (die ja präklinischen eher selten vorhanden ist) hat ebenfalls eine Auswirkung auf die Dauer der Austreibungsphase. Die Dauer bei Erstgebärenden wird mit bis zu 2 Stunden ohne PDA und mit bis zu 3 Stunden mit PDA angegeben. Für Mehrgebärenden liegen die Zeiten bei bis zu 1 Stunde ohne PDA und bis zu 2 Stunden mit PDA [1].

Nachgeburtsphase

Hierbei handelt es sich um die Phase zwischen Geburt des Kindes und der vollständigen Geburt der Plazenta.

Die Dauer beträgt bis zu 30 Minuten, sollte es länger dauern besteht der Verdacht auf eine Uterusatonie. Die Nachgeburtswehen sind Wehen von geringer Intensität und unregelmäßigem Abstand.

Im Rahmen der Nachgeburtsphase entstehen physiologische Blutungen von bis zu 500 ml, alles darüber Hinaus ist abklärungsbedürftig und nährt den Verdacht auf verbliebene Plazentareste bzw. auch auf eine mögliche Uterusatonie.

Zur Blutungsprophylaxe ist es sinnvoll in der Nachgeburtsphase den Patientinnen Oxytocin zu verabreichen. Hierzu werden Dosierung von 3-5 IE empfohlen. In unserem klinischen Setting sind 3 IE als Kurzinfusion Standard. Präklinisch wird Oxytocin vielfach leider nicht vorgehalten, so dass eine Applikation häufig nicht erfolgen kann.

Ist die Plazenta geboren, so ist diese auf Vollständigkeit zu überprüfen. Dies ist dem idR unerfahrenen Rettungsfachpersonal bzw. Notarzt kaum möglich. Daher hat es sich bewährt, die Plazenta mit in die aufnehmende Geburtsklinik zu transportieren und dort begutachten zu lassen.

Der Mutterpass

Der Mutterpass ist für viele ein Buch mit 7 Siegeln, so auch für uns. Deshalb beschränken wir uns hier auf das wesentliche:

  • welche Schwangerschaftswoche (Wichtig für Auswahl der Zielklinik)
  • Lage (kann das Kind überhaupt natürlich geboren werden?)
  • Erstgebärende oder Mehrgebärende ?
  • Vorerkrankungen oder besondere Risikofaktoren für Geburt (Bsp. Plazenta Praevia)

Bei Rückfragen kann man ggf. zu normalen Dienstzeiten auch Rücksprache mit dem betreuenden Gynäkologen halten, da Geburten aber häufig nachts statt finden, ist dies aber auch eher illusorisch.

Wann ist keine präklinische Geburt möglich?

  • Plazenta Praevia
  • Beckenendlage (BEL)
  • Querlage (QL)

Die normale Geburt

Erstmal atmen alle tief durch, die werdende Mutter, der werdende Vater und nicht zuletzt Ihr! Die Meisten Geburten verlaufen spontan und sind das Natürlichste auf der Welt. Schon immer sind Kinder auf die Welt gekommen und seltenst war dafür ärztliche Hilfe erforderlich (ein NEF ist trotzdem nicht schlecht, wir wollen uns auch mal freuen 😉 ).

Spannend ist ja vor allem die Frage ob man noch transportieren kann oder ob man die Geburt vor Ort durchführen muss. Leider ist dies wirklich eine schwierige Frage.

Nach umfänglicher Recherche sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es nichts hilft. Hier muss nachgeschaut werden! Natürlich wird hierfür die werdende Mutter nach ihrem Einverständnis gefragt. Sollte dies erfolgen, dann Labien spreizen und gucken. Kopf sichtbar? Falls ja… Stay and play und Entbindung vor Ort, falls nein -> Abfahrt und ständige Re-Evaluation, ggf. Geburt im RTW als Plan im Kopf haben.

Aber es gibt auch noch andere Zeichen die für eine baldig einsetzende Geburt sprechen[2]:

  • Regelmäßige Wehen unter 2 Minuten
  • Presswehen, Pressdrang
  • Klaffender Anus

Das Kind kommt…. HILFE!!

Jetzt ist guter Rat teuer, am Besten fährt man wenn man unserem Motto folgt: Don’t Panic!

Wenn man sich dann kurz gesammelt hat, nützt es nichts. Da müssen jetzt alle durch.

Erstmal ist es wichtig eine ruhige und warme Umgebung zu schaffen. Zugluft muss weg! Zu viele Schaulustige müssen weg. Hier findet ja jetzt kein Public-Viewing sondern eine intime Geburt statt. Die Gebärende sollte so sitzen bzw. liegen wie es für sie bequem ist. Die kann mit erhöhtem Oberkörper und angewinkelten, gespreizten Beinen sein, aber auch der Vierfüßler-Stand ist möglich. Nach unserer Erfahrung ist das oft beschriebene Vena-Cava-Kompressionssyndrom eher kein führendes Problem. Dennoch sollte nach Möglichkeit eine Linksseitenlage angestrebt werden.

Die Abnabelung kann man auch schon vorbereiten, praktischerweise gibt es in der Präklinik meist gepackte Geburtensets in denen man 2 Nabelklemmen, eine sterile Schere oder ein Skalpell, viele sterile Kompressen und eine Silberwindel findet. Das läuft schon mal… Die Erfahrung hat auch gezeigt, dass der Kinderkoffer bereit liegen sollte. Gerade in der Hektik kann es fatal sein, wenn man den Orosauger erst suchen muss.

Nun aber zum Wesentlichen, dem Geburtsvorgang: Die gute Nachricht zu Erst, man muss bei einer Kindslage, die eine präklinische Geburt ermöglicht, wenig tun. Das geht meist ganz von alleine. Eins ist wichtig, niemals, wir wiederholen uns, niemals am Kopf ziehen!

Zu Erst wird der führende Kindsteil geboren, in unserem Fall meist der Kopf. Hier kann ein Dammschutz sinnvoll sein (mit Kompresse die Gewebebrücke zwischen Vagina und Anus umfassen und von außen stabilisieren), die Evidenz hierfür ist aber hart umstritten und so realistisch muss man wahrscheinlich sein und einsehen, dass die Expertise von Rettungsfachpersonal oder Notärzten kaum ausreicht um einen suffizienten Dammschutz zu gewährleisten. Von Manövern wie Dammschnitten oder ähnlichem ganz zu schweigen.

Der Kopf wird beim Durchgleiten durch den Geburtskanal nur geführt! Wir wiederholen uns erneut: „Es wird NIEMALS gezogen!“. Ist der Kopf entwickelt wird sofort ausgeschlossen, dass der Kopf von der Nabelschnur umschlossen ist.

Nun folgt die Geburt des restlichen Körpers. Zu Erst wird die vordere Schulter entwickelt indem, während einer Wehe, der Kopf abgesenkt wird bis die Oberarmmitte sichtbar ist. Danach folgt die hintere Schulter indem der Kopf angehoben wird. Auch hier muss darauf geachtet werden, keinen Zug auf den Kopf auszuüben. Plexus-Schäden müssen um jeden Preis vermieden werden!

Ist das geschafft, müssen nur noch die Beine und Füße raus. Das sollte das geringste Problem sein.

Klingt alles saukompliziert ? Ja, ist es aber nicht und ihr schafft das! Unserer Erfahrung nach, muß man eigentlich nichts tun und die Kinder kommen auch. Und den Unmut der Hebammen im Kreißsaal zieht ihr euch sowieso zu, egal wie ihr es macht 😉

Unser Flowchart zum Transport von Schwangeren

Die Nerdfallmediziner haben zum Thema auch schon zwei super Videos gemacht:

Teil 1

Probleme während der Geburt

Nabelschnurvorfall

Ihr schaut nach wo das Köpfchen so steht und seht da was pulsierendes ? Im schlimmsten Fall noch das Köpfchen und dazwischen eine (pulsierende) Leine?…… mega uncool. Das ist ein echter Notfall. Jetzt hilft es nicht mehr, das Köpfchen muss zurück, damit das Kind wieder mit Sauerstoff versorgt werden kann und keinen hypoxischen Hirnschaden erleidet oder sogar stirbt. Zur Beruhigung, das ist relativ selten und tritt ungefähr bei jeder 200. Geburt auf.

Präklinisch kann man wenig tun, außer:

  • Becken hoch lagern
  • medikamentöse Tokolyse, regelhaft mit ß2-Sympathomimetika oder Calcium-Antagonisten
  • Kind zurück schieben (Wer reingegriffen hat, lässt seine Finger da bis zur Notsectio!)
  • Diesel… also schnell in die nächste Geburtshilfe

Notfalltokolyse

In Deutschland wird regelhaft Fenoterol zur Tokolyse verwendet, meist ist es eher unter dem Handelsnamen Partusisten bekannt. Fenoterol hat den uncharmanten Nachteil, dass es präklinisch zur intravenösen Anwendung meist nicht zur Verfügung steht. Aber es gibt ja Alternativen. Das gute alte Dosieraerosol namens Berotec ist nämlich auch nichts anderes als Fenoterol. Allerdings werden hier deutliche höhere Dosierungen benötigt, als zur Therapie eines Asthmaanfalls. In einem Fallbericht wurde von 4 Sprühstößen bis zum Abklingen der Wehentätigkeit berichtet. [4]

Alternativ ist eine medikamentöse Tokolyse mit Calcium-Antagonisten (Nifedipin) möglich. Empfohlen werden 10 mg alle 10-15 Minuten bis zu einer Gesamtdosis von 30-40 mg in der Akutsituation. Hier fehlt uns allerdings die Erfahrung um eine eindeutige Empfehlung auszusprechen. Es gibt hierzu einen Expertenbrief der Schweizer Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Diesen findet ihr hier.

Falls verfügbar, kann auch Magnesium versucht werden. Empfohlen werden hier 4 g als Kurzinfusion iv, ein eindeutiger Wirkungsnachweis fehlt hier allerdings und internationale Leitlinien geben hierfür keine Empfehlung ab.

Schulterdystokie

Die Definition der Schulterdystokie ist niemandem zuzumuten, der nicht mit der Geburtshilfe eine intime Beziehung pflegt, deshalb reduzieren wir es auf das Wesentliche. Die Schulter passt einfach nicht durch den Geburtskanal. Ergo steckt das Kind fest. Ebenfalls ein absoluter Notfall, da es schon nach kurzer Zeit zu einer Hypoxie des ungeborenen Kindes kommen kann. Zurück schieben geht aber auch nicht mehr. Doof… richtig doof.

Was kann man tun ?

  1. Mc-Roberts-Manöver:
    • behebt ca. 80 % der Schulterdystokien
    • Es wird mit der Gebärenden geturnt
    • Zwei Helfer strecken zuerst die Beine der Gebärenden – am Besten sogar überstrecken
    • Dann werden die Beine in Hüfte und Knie gebeugt und schnell zum Bauch geführt
    • zweimal wiederholen
    • ggf. Gleichzeitig etwas Druck oberhalb der Symphyse ausüben.
    • et voila…. hoffentlich
  2. Gaskin-Manöver
    • Gebärende in Kniestand aufrichten
    • Dabei Becken nach vorne schieben
    • danach in den Vierfüßlerstand gehen
    • zweimal wiederholen
    • et voila…. hoffentlich
  3. Manöver nach Rubin und Woods
    • Versuch des Geburtshelfers die vordere (Rubin) bzw. hintere (Woods) Schulter hinter die Symphyse zu drücken.
  4. es folgen innere Drehmanöver…. nichts für uns – dann also Tokolyse und Diesel!

Auch hier gilt, niemals am Kopf ziehen! Es wird nicht besser und man riskiert leicht Plexusschäden!

Management nach der Geburt

Erstmal herzlichen Glückwunsch! Wenn ihr hier angekommen seid, dann ist das Meiste schon mal geschafft. Obwohl auch hier noch schwerwiegende Komplikationen auftreten können.

Das Wichtigste primär: Das Kind abnabeln. Durchführen sollte man das ganze ab 1 Minute nach der Geburt, außer es besteht eine vitale Bedrohung für Kind oder Mutter, dann wird sofort abgenabelt.
Zum Abnabeln werden zwei Nabelklemmen 20 cm vom Kind entfernt im Abstand von 3 cm gesetzt und die Nabelschnur dazwischen durchtrennt.

Die Geburtszeit ist der Zeitpunkt, an dem das Kind komplett das Licht der Welt entdeckt hat, daher nicht vergessen im Eifer des Gefechts die Uhrzeit zu notieren.

Das Kind wird abgetrocknet und in einer Silberwindel zum Wärmeerhalt eingewickelt. Bei uns ist es üblich zum Transport den Inkubator nachzufordern, da es vielfach präklinisch zu Wärmeverlusten des Neugeborenen gekommen ist. Sollte dies nicht möglich sein, ist unserer Auffassung nach ein Transport auf der Brust der Mutter statthaft.

APGAR-Score nach 1 Minute, 5 Minuten und 10 Minuten erheben!

Nachgeburt nicht zwingend abwarten, Transport in Gynäkologie anstreben. Falls Nachgeburt erfolgt, nicht die Plazenta vergessen 😉

Und wie es weiter geht mit der Neugeborenversorung seht ihr hier:

Management postpartaler Blutungen

Wenn Blutverlust in Nachgeburtsphase mehr als 500 ml daran denken!

Präklinisch primär Volumensubstitution, Fritsche Lagerung und ggf. Handgriff nach Crede.

TXA erwägen [3], Oxycocin verabreichen falls vorhanden (initial 3-5 IE als KI, danach ggf. nochmal 10 IE über 500 ml VEL). Rascher Transport!

Punchlines

  • Ruhe bewahren – Don’t panic
  • Mutterpass checken ob Geburt präklinisch möglich
  • Mutter abschirmen
  • Wenn ihr den Kopf seht, nicht mehr los fahren
  • ggf. an Inkubator denken, auf jeden Fall an Wärmeerhalt denken!
  • Die meisten Kinder kommen mit oder ohne euch, immer daran denken!
Unser Flowchart zum Transport von Schwangeren

Autoren

Dr. med. Thorben Doll

Arzt in Weiterbildung Anästhesiologie, aktiver Notarzt, lernte die Notfallmedizin von der Pike auf kennen, präklinische Erfahrung 17 Jahre und Gründer von Pin-Up- Docs.de

Johannes Pott

Arzt in Weiterbildung Anästhesiologie, aktiver Notarzt, Lieblingsbaustelle ist die Intensivstation. Seit 16 Jahren im Rettungsdienst und Gründer von Pin-Up-Docs.de

Quellen:

[1] American College of Obstetricians and Gynecologists (College); Society for Maternal-Fetal Medicine, Caughey AB, Cahill AG, Guise JM, Rouse DJ. Safe prevention of the primary cesarean delivery. Am J Obstet Gynecol. 2014 Mar;210(3):179-93. doi: 10.1016/j.ajog.2014.01.026. PMID: 24565430.

[2] Kuhnke R, Meißner W, Geburt im Rettungsdienst – Das sollten sie wissen für die Ergänzungsprüfung. retten! 2018; 07(02): 96-103 DOI: 10.1055/s-0043-119607

[3] S2k Leitlinie – peripartale Blutungen; AWMF (2016)

[4] Koppenberg J, Der Einsatz von Fenoterol-Spray zur Tokolyse in der Notfallmedizin, Der Notarzt 22(5):157-161, DOI: 10.1055/s-2006-939997

Teilen und liken:

6 Kommentare

  • Bernhard Wolf

    Hallo ihr beiden,

    wie immer eine wirklich tolle Folge und auch immer wieder sehr kurzweilig alles wichtige erklärt. Gerade der Bereich der Notfallgeburt ist ja doch häufig sehr dröge aufbereitet.
    Ich habe eine Anmerkung zum Transport nach der Geburt.
    Aus meinen Erfahrungen, kann es ewig dauern, bis ein zweiter RTW der erst einen Inkubator aufnehmen musste angerückt ist, da ist man vermutlich im ersten Gang und Standgas oder zu Fuß in die Klinik schneller, jedenfalls in der Stadt.
    Dazu muss man sagen, auch im Inkubator werden die Kleinen ja nicht fixiert und somit Transportsicher gemacht. Jeder der schon Inkubatortransporte gemacht hat kennt diese Stillrollen/Handtuchkonstruktionen, welche um die Babys gelegt werden, damit sie nicht herumrollen in der „Transportbox“.
    In meinem alten Rettungsdienstbereich hat unser sehr findiger und versierter MPB eine Kostengünstige Lösung gefunden die unserer Meinung nach Super ist.

    Es gibt von Ferno das KangooFix. Das ist ein System, was es ermöglich das Kind auf dem Bauch der Mutter nach der Geburt gegen Auskühlung geschützt, sogar kleine Kapuze ist dran, am Gurtsystem der Trage zu fixieren.
    Das Kind ist somit gegen Kälteverlust geschützt, an der Mutter mit direktem Kontakt und Aufliegezeit auf der Brust der Mutter (Bonding und so), mit dem Gurtsystem der Trage auch gegen Überschlag gesichert und gegen Quetschtraumen von einer Mutter die bei Unfall etc. in die Gurte gepresst wird, gesichert. Die Kosten sind recht überschaubar, also für ein Medizinprodukt, es ist recht handlich verpackt und kann so gut mitgeführt werden. Anfangs hatten wir eines pro Wache und konnten dann dieses System von einem Fahrzeug zuführen lassen, was schnell gemacht ist, da die Besatzung nur schnell die Handtaschengrosse Verpackung greift und raus fährt. Und auch ein Fahrzeug eines Bereichsleiters, Organtransport, Bluttransporte und auch Polizei oder auch mal ein HLF und was sonst so ein Blaulicht auf dem Dach führt, kann diese Zuführung durchführen. Mittlerweile führen alle RTW diese Systeme einfach mit und die ersten guten Erfahrungen wurden gemacht. Das System ist natürlich auch ideal für den Transport nach einer Geburt im häuslichen Setting, Mutter und Kind sollen ja dann doch mal in die Hand der erfahrenen Geburtsmediziner und nicht nur von uns HobbyHebammen.

    Macht weiter mit eurem PodCast ich empfehle ihn regelmäßig an Kollegen und vor allem an Berufsschüler und Azubis von mir, da man so ideal in den wissenschaftlichen Prozess finden kann, und merken, dass medizinische Literatur und professioneller Austausch nicht langweilig und zugeknöpft sein muss, wie mancher es sich vielleicht vorstellt.

    beste Grüße aus Berlin

    der Wolf

  • Bernhard Wolf

    Entschuldigt, ich habe vergessen den Link zum System ein zu hängen.

    https://ferno.de/emergency/kindersicherheit/kangoofix/

    der Wolf
    (NotSan)

  • Fabian

    Hallo,
    herzlichen Dank für den umfangreichen Artikel! 🙂
    Ich erlaube mir kurz 2 Anmerkungen: ich halte – pharmakologisch gesehen – die postulierte tokolytische Wirkung von inhalativ applizierten beta-Mimetika für vernachlässbar, also wirkungslos. Wie soll das Medikament aus der Lunge an den Uterus gelangen? Die systemischen Resorptionsmengen scheinen doch (hier leider) extrem gering zu sein.
    Darüber hinaus habe ich mir bei der Gabe von 1g Magnesium als Bolus bei einer Patientin mit einer TAA mal den Zorn dieser zugezogen, da das massiv in den Venen brennen kann und wohl eine ganz unangenehmes Ganzkörpergefühl macht. Erfahrenere Kollegen sagten danach zu mir:“ja, das ist bekannt, Magnesium – außer unter Reanimation – nur als Kurzinfusion geben!“. Daher würde ich die Magnesiumgabe zur Tokolyse auch als Kurzinfusion empfehlen.

    Beste Grüße!

    • Johannes Pott

      Hallo Fabian,

      vielen Dank für dein Feedback.

      Gerade auf Grund der schlechten Resorption werden hohe Dosen der inhalativen ß2-Mimetika empfohlen, wie gut es dann wirklich funktioniert ist oft fraglich. Gerade bei Medikamenten zur Tokolyse herrscht in verschiedensten Leitlinien große Uneinigkeit. Präklinisch bleibt uns aber natürlich nur übrig, das zu nutzen, was gerade verfügbar ist.

      Magnesium hatten wir als Applikation via Kurzinfusion als selbstverständlich angenommen. Unser Fehler, das stellen wir nächstes Mal richtig!

      Viele Grüße und nochmal vielen Dank,

      Johannes

  • Rüdiger Leipold

    Hallo,
    vielen Dank für diese kompakte und knackige Zusammenfassung! Tut immer wieder gut, den besten (und nach > 20 a NA immer noch einen der aufregendsten) aller Notfälle nachzulesen.
    Eine kurze Anmerkung zur Tokolyse: Bei meiner letzten NotfallFoBi wurden die anwesenden NÄ furchtbar vom vortragenden Gynäkologen für das offenbar veraltete Beta-Mimetika-Regime ausgeschimpft, das wir ihm als unseren Standard angeboten hatten.
    Er empfahl Nifedipin für den Notfall – und wegen der Absorptionssicherheit sogar als erste Wahl.
    Schön zusammengefasst (mit Dosierungsvorschlägen) findet man das hier: https://www.sggg.ch/fileadmin/user_upload/41_Tokolyse_2013.pdf
    Magnesium hörte er übrigens auch nicht gern: neben unsicherer Wirkung und dem Flush sah er noch den Blutdruck der Mutter und den Muskeltonus des Neugeborenen schwinden – ob das allerdings irgendwo offizielle Lehrmeinung ist, weiß ich nicht.
    – Ich hab seitdem nicht tokolysieren müssen, fand das verzweifelte Kopfschütteln des Dozenten aber so beeindruckend, daß ich’s mir zumindest gemerkt habe.
    Viele Grüße & danke nochmal,
    Rüdiger

    • Johannes Pott

      Hallo Rüdiger,

      vielen Dank für deinen Kommentar zur Tokolyse.

      Ich finde es spannend, lt. der mir vorliegenden Literatur sind ß-Mimetika und Ca-Antagonisten gleichwertig (die SGGG differenziert da jetzt). Wir haben uns für ß-Mimetika entschieden, da breit vorhanden und routinierte Anwendung. Im Zweifel auch durch RFP gut durchführbar.

      Ich werde den Artikel um Nifedipin ergänzen, sehe es aber im Notfall nicht so richtig für die Anwendung. Für Langzeit-Anwendung (z.B. bei Zervixinsuffizienz) sieht das natürlich ganz anders aus!

      Viele Grüße von den Pin-Up-Docs,

      Johannes

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert