Hauptfolge Juni 2025 – Folge 78

In der sommerlichen Hitze gibt es wieder eine spannende Hauptfolge für euch! Diesen Monat steht unsere Hauptfolge ganz unter dem Zeichen „selten aber trotzdem relevant“: Dana berichtet über eine neue „Genschere“ zur Behandlung von erblichen Erkrankungen, Thorben hat ein spannendes Interview zur malignen Hyperthermie für euch und Paula einen Beitrag zum unaussprechlichen, aber nicht minder interessanten Thema Hämophagozytische Lymphohistiozytose auf der Intensivstation. Außerdem könnt ihr in dieser Folge das neue Buch von Mark Weinert gewinnen, also unbedingt reinhören 😉
Journalclub
Thorben
Paula
Naas CJ, Saleh HO, Engel TW 2nd, Gutterman DD, Szabo A, Grawey T, Weston BW, Monti CE, Baker JE, Labinski J, Tang L, Jasti J, Bartos JA, Kalra R, Yannopoulos D, Riccardo Colella M, Aufderheide TP. Associations with resolution of ST-segment elevation myocardial infarction criteria on out-of-hospital 12-lead electrocardiograms following resuscitation from cardiac arrest. Resuscitation. 2025 Apr;209:110567. doi: 10.1016/j.resuscitation.2025.110567. Epub 2025 Mar 6. PMID: 40057016.
van Dijken GD, Hofsteede JSWR, Hoek AE, Dekker D, de Lange DW. Genre of Music Festivals as a Predictor for Medical Utilization Rate. Prehosp Emerg Care. 2025 Apr 14:1-6. doi: 10.1080/10903127.2025.2481143. Epub ahead of print. PMID: 40145780.
Dana:
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2504747
Vermischtes
Buch von Mark Weinert: 101 Anästhesie Perlen
Änderung für Mutterschutz im Umgang mit Narkosegasen:
Info Ausschuss für Mutterschutz Stillende
Info Ausschuss für Mutterschutz Schwangere
Update Maligne Hyperthermie
Hämophagozytische Histolymphiozytose auf der Intensivstation
Knaak C, Nyvlt P, Schuster FS, Spies C, Heeren P, Schenk T, Balzer F, La Rosée P, Janka G, Brunkhorst FM, Keh D, Lachmann G. Hemophagocytic lymphohistiocytosis in critically ill patients: diagnostic reliability of HLH-2004 criteria and HScore. Crit Care. 2020 May 24;24(1):244. doi: 10.1186/s13054-020-02941-3. PMID: 32448380; PMCID: PMC7245825.
Bauchmüller K, Clark S, Manson JJ, Tattersall RS. Haemophagocytic lymphohistiocytosis in critical care. BJA Educ. 2025 Mar;25(3):107-114. doi: 10.1016/j.bjae.2024.10.007. Epub 2025 Jan 3. PMID: 40041448; PMCID: PMC11872482.
Shakoory B, Geerlinks A, Wilejto M, Kernan K, Hines M, Romano M, Piskin D, Ravelli A, Sinha R, Aletaha D, Allen C, Bassiri H, Behrens EM, Carcillo J, Carl L, Chatham W, Cohen JI, Cron RQ, Drewniak E, Grom AA, Henderson LA, Horne A, Jordan MB, Nichols KE, Schulert G, Vastert S, Demirkaya E, Goldbach-Mansky R, de Benedetti F, Marsh RA, Canna SW; HLH/MAS task force. The 2022 EULAR/ACR points to consider at the early stages of diagnosis and management of suspected haemophagocytic lymphohistiocytosis/macrophage activation syndrome (HLH/MAS). Ann Rheum Dis. 2023 Oct;82(10):1271-1285. doi: 10.1136/ard-2023-224123. Epub 2023 Jul 24. PMID: 37487610; PMCID: PMC11017727.
Cox MF, Mackenzie S, Low R, Brown M, Sanchez E, Carr A, Carpenter B, Bishton M, Duncombe A, Akpabio A, Kulasekararaj A, Sin FE, Jones A, Kavirayani A, Sen ES, Quick V, Dulay GS, Clark S, Bauchmuller K, Tattersall RS, Manson JJ; HiHASC group. Diagnosis and investigation of suspected haemophagocytic lymphohistiocytosis in adults: 2023 Hyperinflammation and HLH Across Speciality Collaboration (HiHASC) consensus guideline. Lancet Rheumatol. 2024 Jan;6(1):e51-e62. doi: 10.1016/S2665-9913(23)00273-4. Epub 2023 Nov 29. PMID: 38258680.
West J, Card TR, Bishton MJ et al. Incidence and survival of
haemophagocytic lymphohistiocytosis: a population-based
cohort study fromEngland. J InternMed 2022; 291: 493e504
Lachmann G, Spies C, Schenk T, Brunkhorst FM, Balzer F, La Rosée P. Hemophagocytic Lymphohistiocytosis: Potentially Underdiagnosed in Intensive Care Units. Shock. 2018 Aug;50(2):149-155. doi: 10.1097/SHK.0000000000001048. PMID: 30010630.
Greil C, Roether F, La Rosée P, Grimbacher B, Duerschmied D, Warnatz K. Rescue of Cytokine Storm Due to HLH by Hemoadsorption in a CTLA4-Deficient Patient. J Clin Immunol. 2017 Apr;37(3):273-276. doi: 10.1007/s10875-017-0377-7. Epub 2017 Mar 6. PMID: 28265964.
HLH Register: http://www.hlh-registry.org/
http://www.hlh-registry.org/wp-content/uploads/2014/09/HLH_2013_0013.pdf
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Liebes Pin-Up-Docs-Team,
danke zunächst für eure großartige Arbeit – ich höre euch jetzt seit mittlerweile 4 Jahren und freue mich immer wieder auf jede einzelne Folge!
Einen kleinen Kommentar habe ich zu euren berechtigten Diskussionen über Genmodifikationen und die Zombie-Apokalypse. Das angesprochene Verfahren mittels viralem Vektor gibt es schon in einem auch in Deutschland zugelassenem Medikament – und noch ist die Zombieapokalypse nicht eingetreten ;). Onasemnogene-Abeparvovec (Handelsname Zolgensma) wird seit einigen Jahren sehr erfolgreich gegen Spinale Muskelatrophie eingesetzt und hat nach allem, was man aktuell weiß, das Potenzial diese sonst früher oder später (meist früher) tödliche Krankheit des meist frühen Kindesalters zu heilen – und das mit Stand jetzt ziemlich wenig Nebenwirkungen. Demgegenüber stehen (natürlich?) exorbitant hohe Therapiekosten im Millionenbereich – seltene Erkrankung eben. In Deutschland gab es einige auch in der überregionalen Presse berichteten Fälle, in denen die gesetzliche Krankenkasse das nicht zahlen wollte… Wie ihr richtig feststelltet sagt das viel über uns als Gesellschaft aus. Wir leisten uns Tausende von Euro für den drölfzigsten Lipidsenker, um das kardiovaskuläre Risiko im Promillebereich zu senken, aber ein Kind heilen? Ne, das ist dann doch zu teuer…
Macht weiter so mit eurer tollen Arbeit!
Viele liebe Grüße
Felix
Hallo Felix,
du hast natürlich absolut recht.. Das Verfahren gibt es schon länger und wurde auch schon erfolgreich angewandt. Deine moralischen Bedenken teilen wir!
Lieben Gruß
Dana und der Rest des Teams
Hallo und vielen Dank für die mal wieder sehr gelungene Folge!
Insbesondere Paulas Beitrag zur HLH hat mir sehr viele Erkenntnisse gebracht, da ich das Krankheitsbild vielleicht mal im Studium gehört habe (ich habe aber ehrlich keine Erinnerung daran), aber mit Sicherheit nicht mehr auf dem Schirm hatte und niemals dran gedacht hätte. Jetzt bin ich auf jeden Fall mit den 3 Fs gewappnet, zumindest einen Verdacht zu haben, falls mir auf Intensivstation mal ein Patient begegnet.
Zum Lieblingsfehler-Thema kann ich nur sagen, dass es mir als Notärztin schon mehrfach passiert ist, dass Internist/ Kardiolog*innen im Krankenhaus Patienten mit (relevanter) Tachykardie bei bekanntem Vorhofflimmern gar nicht aufnehmen wollten, nach dem Motto „ist ja alles bekannt, kann der nicht Zuhause bleiben“ und ich länger diskutieren musste, dass der Patient damit aber erstens symptomatisch war (z.B. Schwindel, Präsynkope, Dyspnoe, Druckgefühl) und zweitens auch eine Herzfrequenz z.B. über 140/min einfach pathologisch ist, unabhängig davon, ob da ein Vorhofflimmern bekannt ist. Von daher hat mich der Beitrag sehr in meiner Meinung bestärkt 😉
Im Journal Club hattet ihr noch diskutiert, wo Patienten mit ROSC nach CPR aufgenommen werden. Ich arbeite an einer Uniklinik und bei uns ist es so, dass stabile Patienten mit ST-Streckenveränderungen normalerweise direkt in den Herzkatheter im Notfallzentrum gehen, wobei hier dann die Kardiologen und das Herzkatheter-Personal alleinverantwortlich sind, während alle anderen über den Schockraum gehen und vom Team der Notaufnahme versorgt werden. Jetzt ist es natürlich eine Frage der Definition, ob dein beatmeter Patient post Reanimation, der vielleicht auch noch niedrig dosiert Katecholamine laufen hat, stabil ist oder nicht.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Expertise in der Versorgung intubierter und katecholaminpflichtiger Patienten im Herzkatheter eher nicht so groß ist, sodass ich beim nächsten Mal darauf bestehen würde, den Patienten über den Schockraum aufzunehmen, auch wenn das ein paar Minuten Zeitverzug bedeutet und eine niedrig dosierte Katecholamintherapie jetz ertmal nicht so spektakulär ist. Ich fände hier tatsächlich einen pragmatischen Ansatz, den Patienten, wenn er soweit stabil ist, auf der Rettungsdienstrage zu belassen, einmal eine Übergabe zu machen, dann einmal zu schauen, ob jetzt akut Handlungsbedarf bezüglich der Vitalfunktionen besteht und evtl ein Labor abzunehmen und dann in den Herzkatheter zu fahren. Das würde sicherstellen, dass zumindest alle Routinemaßnahmen gelaufen sind. Mir ist es einmal passiert, dass ich mit einem Patienten mit STEMI im EKG und ROSC nach 30 Minuten CPR direkt den Herzkatheter anfahren sollte. Dort war man dann sehr auf die Maßnahme „Koronarangiografie“ fixiert, hatte kein Ohr für eine Strukturierte Übergabe und dann ging beim Umlagern den Zugang verloren (der zweite war leider auf dem Transport para), allerdings hatte der Patient Katecholamine laufen. Man war dann mit der Situation fallender Blutdruck und kein Zugang ziemlich überfordert. In der Übernahme und Stabilisierung kritisch kranker Patienen haben Schockraum/ Notaufnahme- oder auch Intensivteams einfach mehr Erfahrung und grundsätzlich sollte, finde ich, der Patient immer von dem Behandlerteam mit der maximalen Expertise behandelt werden. Und dann dauert es vielleicht mal zehn Minuten länger bis zur Katheter. Wobei bis dahin ja sogar die Hebungen weg sein könnten und der Herzkatheter vielleicht gar nicht mehr so einen hohe Priorität hat. Wieder mal was gelernt, was mein Vorgehen in Zukunft wahrscheinlich entscheidend beeinflussen wird!
Liebe Grüße
Marina
Vielen Dank für die tolle Folge!
Ich oute mich damit vermutlich als Unwissender, aber was genau spricht gegen Amiodaron in der Situation von „Mein Lieblingsfehler“? Wenn jemand eine gute Antwort für Nicht-Kqrdiologen parat hat, bitte gerne.
Hallo liebe Lena,
wir werden in der Juli Folge auch darüber sprechen, haben aber durchaus alle auch gesagt, dass Amiodaron eine Option ist und prinzipiell nichts dagegen spricht.
Herzlichen Gruß
Dana und der Rest des Teams =)
Vielen Dank für die tolle Folge.
Die HLH fand ich super spannend. Da ich seit 2 Jahren ausschließlich auf einer universitären Intensivstation tätig bin, musste ich direkt daran denken, wie viele Patienten ich wohl damit schon übersehen haben könnte. Es gibt ja sehr viele Ursachen für eine Leukopenie, einschließlich einer Sepsis, oder Antibiotika wie Linezolid. Und therapierefraktäres Fieber wird vielleicht auch einmal zu oft als zentrales Fieber abgetan.
Jetzt war meine Frage, wenn CRP und BSG (die bei uns ehrlicherweise nie bestimmt wird) meistens nicht erhöht sind, wird ein PCT vermutlich auch nicht erhöht sein, oder? Dann hätte man noch einen weiteren Abrezungswert zur Hand. Die Sepsis getriggerte HLH zu erkennen, stelle ich mir weiterhin sehr schwierig vor, aber ab jetzt werde ich die Augen offen halten. Dafür wieder einmal vielen Dank, viele Grüße Martin
Hallo Martin!
Vielen Dank für Deinen Kommentar! Wie Du schon richtig vermutet hast, ist das PCT leider auch kein guter Biomarker für die Abgrenzung von HLH und Sepsis. Das PCT kann in der HLH ebenfalls erhöht oder normal sein. Leider gibt es (noch) keinen guten Parameter zur Abgrenzung der beiden Erkrankungen.
Liebe Grüße,
Paula und der Rest des Teams
Hi ihr, schöner Beitrag zur malignen Hyperthermie. Für mich ist eine große Frage offen geblieben: wenn die Inzidenz von MH-Dispositionen so hoch ist? Und ich glaube gerne, dass sie so hoch ist. Ich glaube auch gerne, dass wir alle schon milde Verläufe von MH gesehen haben ohne es zu bemerken, welche Konsequenz hat das? Offensichtlich überstehen alle Patienten milde MH-Verläufe unbeschadet. Auch ohne die Gabe von Dantrolen? Also was mache ich jetzt mit einem milden MH-Verlauf? Milde Verläufe werden ja unbeschadet überstanden!
Das einzige, was mir dabei noch einfällt: Man könnte milde MH-Verläufe untersuchen um eventuelle Spätfolgen zu finden. Mehr Konsequenzen habe milde Verläufe meiner Meinung nach nicht.
Grüße Thomas
Hi liebe Pin-Up-Docs,
vielen Dank für eure tolle Arbeit und die Vorstellung des Kampman Papers zur optimalen Anästhesie. Hier bringt ihr das Problem der Propofol-Verbrennung auf. Das Thema wurde bereits im aktuellen Positionspapier der DGAI zur Nachhaltigkeit behandelt:
„In der ersten Version dieses Positionspapiers aus dem Jahr 2020 wurde als Temperatur für die Zerstörung von Propofolrückständen 1000 °C für mindestens 2 Sekunden angegeben. Dies basierte auf einer US-amerikanischen Publikation [71]. Dies wäre insofern problematisch, als dass die meisten Verbrennungsanlagen in Deutschland nur 850 °C als Verbrennungstemperatur nutzen. Ein Review der existierenden Stoff-Datenblätter zu Propofol, eine Anfrage beim deutschen Hersteller und Konsultation mit der Abteilung für Pharmazeutische und Medizinische Chemie des Pharmazeutischen Institutes der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ergaben, dass die Zünd- und Zersetzungstemperatur von Propofol unter 600 °C liegt (Prof. Peifer, persönliche Kommunikation 22.12.2023). Propofol kann somit – wie die meisten in der Anästhesiologie verwendeten Medikamente – gemäß den entsprechenden Abfallentsorgungsvorschriften der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitswesens nach dem Schlüssel AVV AS 18 01 09 als ungefährlicher Abfall in den üblichen Verbrennungsanlagen verbrannt werden, ohne dass relevante Rückstände in der Umwelt zu erwarten sind [39,79]. Da die Medikamentenentsorgung pragmatisch und fehlerresistent organisiert sein sollte, ist zu empfehlen, Medikamentenreste in Zellstofftücher zu entleeren und in den zu verbrennenden Restmüll zu geben.“
Schuster M, Richter H, Pecher S, Bein T, Grüßer L, Kowark A, et al. Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen der DGAI und des BDA: Ökologische Nachhaltigkeit in der Anästhesiologie und Intensivmedizin – Aktualisierung 2024. Anästh Intensivmed 2024. 2024
Die Entsorgung von Propofol im Klinikmüll sollte somit kein größeres Problem darstellen.
Liebe Grüße
Pascal
Hallo Pascal,
vielen Dank für deinen Kommentar! Super spannend.. Wir versuchen es im September zu erwähnen! =)
Lieben Gruß
Dana und der Rest des Teams