SARS-CoV-2 Impfung (BioNTech)- Mythen und Fakten

Comirnaty (BNT162b2) Erstversion 01/2021; zuletzt aktualisiert 01/2022

Ich werde als Ärztin immer wieder gefragt, ob ich etwas zu der Covid-19-Impfung sagen kann. Und zugegeben, als Assistenzärztin für Anästhesie (aktuell auf einer Intensivstation), bin ich zwar nicht unbedingt prädestiniert, über alle notwendigen Infos dieser Thematik zu verfügen, aber, nachdem ich schon vieles auf Social Media Kanälen lesen musste, habe ich versucht, die Fakten auf verständliche Weise zusammenzufassen:

Allgemeines

Die Forschungen an mRNA und mRNA-Impfstoffen ist bei weitem nicht neu und wurden z.B. 2012 schon als „vielversprechend“ vorgestellt (Developing mRNA-vaccine technologies; DOI: 10.4161/rna.22269) und die Ergebnisse auch in einem der hochrangigsten medizinischen Journals von Kollegen aus München im Jahr 2017 als sicher beschrieben (LANCET: Safety and immunogenicity of mRNA rabies vaccine in healthy adults: an open-label, non-randomised, prospektive, first-in-human phase 1 clinical trial; DOI: 10.1016/S0140-6736(17)31665-3). Im Jahre 2018 wurde die Sicherheit dieser Methode erneut als sicher und insgesamt gut toleriert beschrieben (mRNA vaccines – a new era in vaccinology.; doi: 10.1038/nrd.2017.243). Seitdem sind wieder zwei weitere Forschungsjahre vergangen.

(Sicherlich findet man auch noch ältere oder ausführlichere Arbeiten zu diesem Thema. Schon 1999 wurde in der Krebsforschung an RNA geforscht.) 

Unterschied Impfreaktion, Impfkomplikation, Impfschaden:

Impfreaktion:

Dies ist eine Reaktion auf die Impfung, die zeigt, dass sich das Immunsystem mit der Impfung auseinandersetzt. Hierzu zählen: Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Einstichstelle. Auch leichte systemische Immunreaktionen zählen hierzu, wie z.B. Fieber oder Kopf-/Gliederschmerzen.

Impfkomplikation:

Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind insgesamt selten. Sie werden schon bei dem Verdacht nach Infektionsschutzgesetz an das Gesundheitsamt gemeldet. Das Paul-Ehrlich-Institut sammelt diese Fälle in einer Datenbank.

Beispiele für Impfkomplikationen sind unter anderem anaphylaktische Reaktionen und Fieberkrämpfe sowie unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die spezifisch mit der jeweiligen Impfung einhergehen, wie beispielsweise eine Thrombozytopenie nach einer Masern-Mumps-Röteln-Impfung.

Impfschaden:

Unter Impfschaden versteht man eine gesundheitliche und wirtschaftliche Schädigung durch die Schutzimpfung.

Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Nebenwirkungen/nebenwirkungen_node.html

Impfung gegen SARS-CoV-2

Die Covid-Impfung mit dem Impfstoff BNT162b2 ist natürlich entsprechend den rechtlichen Vorgaben in umfangreichen klinischen Studien erforscht worden. Hierbei zeigten sich lediglich lokale Reaktionen (Rötung, Schwellung, Schmerz) und systemische Reaktionen (Fieber, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen) in milder bis moderater Ausprägung.

Im Anschluss an die zweite Dosis war eine 95% Effektivität der Impfung festzustellen.

(Quelle: Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine; DOI: 10.1056/NEJMoa2034577) 

Spezielle Fragen

Nun zu speziellen Fragen und Sorgen, die zum Teil verständlich sind, aber überwiegend durch die Wissenschaft widerlegt werden können: 

Sind Patienten aus der Studie verstorben? 

KEINER der Studienteilnehmer ist aufgrund der Impfung verstorben, es bestand kein kausaler Zusammenhang!

Bei den über 40.000 Studienteilnehmern (≥ 16 Jahre) sind zwei Patienten aus der Gruppe der Geimpften gestorben. (Einer an schwerer Arteriosklerose, ein weiterer an einem plötzlichen Herztod). Aus der Placebogruppe (hier wurde KEIN Covid-19 Impfstoff verimpft, sondern nur Kochsalz) sind 4 Studienteilnehmer verstorben. (Zwei ungeklärte Todesfälle, ein hämorrhagischer Schock (eine Blutung im Körper) und ein Todesfall aufgrund eines Herzinfarkts.)

Quelle: NEJM Polack et al. (Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine; DOI: 10.1056/NEJMoa2034577)

Es gibt noch keine Studien über Langzeitfolgen.

Stimmt, wir können aktuell naturgemäß noch keine Studien über Folgen, z.B. nach 10 Jahren, haben, ABER:

Generell sind die Nebenwirkungen nach Impfungen, die langfristig bei Patienten zu konstatieren waren, nach einer Zeitspanne von ca. 6 Wochen aufgetreten. 

Ein typisches Beispiel was oft angeführt wird, ist die sogenannte Schlaf-Krankheit nach der Impfung gegen Schweinegrippe. Bei dieser Impfung gegen H1N1, bei der z.B. sehr wenige Patienten eine Narkolepsie (Schlaf-Krankheit) entwickelt haben, wurde zusätzliche auch festgestellt, dass das Narkolepsie-Risiko bereits bei der Infektion an sich erhöht war. (Bleiben wir bei diesem Beispiel zu „Pandemrix“ und der Schweinegrippe: Die Studiengruppe war überdies bedeutend kleiner, als die Studiengruppen bei SARS-CoV-2 Impfstoffen. Würden solche Effekte bei der Covid-Impfung also auftreten, hätte man dies laut der wissenschaftlichen Einschätzung, schon sehen müssen.)

Quellen: 

Ähnlich verhielt es sich mit dem Guillain Barré Syndrom: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23770307/

Die mir bekannte aktuell gängige wissenschaftliche Meinung zu Langzeitfolgen: Langzeitfolgen werden als ausgesprochen unwahrscheinlich erachtet, weil die mRNA so instabil ist, dass sie in unserem Körper sehr schnell abgelesen und dann abgebaut wird. (U.a. z.B. die Meinung der Virologinnen und Virologen des Paul-Ehrlich-Institutes und auch die Meinung von Herrn Prof. Dr. Ulf Dittmer (Virologe) zitiert aus einem Interview: https://www.waz.de/thema/coronavirus/biontech-impfstoff-was-wissen-wir-ueber-langzeitfolgen-id230905990.html)

Zusätzlich sind auch bei allen anderen Impfungen die langfristigen Nebenwirkungen SEHR selten.

Eine interessante Stellungnahme zum Thema „Warum kann ein Covid-19 Impfstoff so schnell zugelassen werden?“ finden Sie auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Institutes.

Quelle: https://www.pei.de/DE/service/faq/faq-coronavirus-inhalt.html

Zudem wurden keine Schritte übergangen, sondern durch das sog. Rolling-Review beschleunigt.

Kann die Impfung mein Erbgut verändern?

Nein, das kann sie nicht. 

Schauen wir uns an warum: Die Bestandteile des Virus, die verimpft werden, bestehen aus einer Kopie von Viruspartikeln. Genauer einer Kopie des Spike-Proteins, welches für das Virus wichtig ist, um in die Zellen aufgenommen zu werden. Diese Information ist als mRNA gespeichert. Eine mRNA ist eine messenger-Ribo-Nuklein-Säure (Säure = acid). Sozusagen ein Code, der in der Zelle abgelesen und in ein Protein umgewandelt werden kann. Durch immunologische Prozesse kann der Körper dann Antikörper erstellen, die vor einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2 schützen sollen. Es besteht für eine mRNA NICHT die Möglichkeit in den Zellkern zu gelangen und dort das Erbgut (DNA) zu verändern. 

Kann die Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion hervorrufen?

Da nur eine Kopie des Spike-Proteins geimpft wird, ist eine vollständige Covid-19-Infektion ausgelöst durch die Impfung nicht möglich. 

Wird jeder Corona-Test nach der Impfung positiv?

Nein. Eine Testung auf SARS-CoV-2 mittels Antigen-Schnelltest kann durch die Impfung nicht positiv werden, da sie vor allem auf das Antigen des Nukleo-Capsids reagieren und nicht auf das Antigen des Spike-Proteins.

Auch ein PCR-Test wird durch die Impfung nicht positiv, da hier nicht nur ein Ziel-Gen (also nicht nur das Gen des Spike-Proteins), sondern viele Ziel-Gene (Multi-Target-PCR) nachgewiesen werden. 

Das Ziel der Impfung ist, dass „SARS-CoV-2-Antikörper“ nach der Impfung gebildet werden.

Wirkt der Impfstoff?

Ja. Anhand der Veröffentlichung von Polack et al. im NEJM (Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine; DOI: 10.1056/NEJMoa2034577) kann man erkennen, dass 162 Patienten aus der Placebogruppe erkrankt sind, aber nur 8 aus der Gruppe der Geimpften. 9 Patienten der Placebo-Gruppe bekamen eine schwere Covid-19 Infektion, aber nur einer aus der Gruppe der Geimpften. Dies wurde als statistisch relevant beschrieben (95% effective) https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2034577

Was ist mit der Wirkung bei Virusvarianten?

„Menschen, die eine Impfung gegen COVID-19 erhalten, sollten vollständig geimpft werden, damit eine starke Immunantwort induziert werden kann. Ziel ist es, ein Immunescape der Viren, d.h. ein Umgehen der Immunantwort, und damit die Selektion von Escapemutanten, d.h. ein Entstehen von Virusmutanten mit neuen Fähigkeiten, zu verhindern. Die zeitgerecht verabreichte zweite Impfstoffdosis verringert die Wahrscheinlichkeit eines Immunescape wesentlich.

In Bezug auf die Impfstoffwirksamkeit gegen die neuartige Virusvariante Omikron (B.1.1.529) liegen erste Ergebnisse einer epidemiologischen Studie vor. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Wirksamkeit der Grundimmunisierung gegenüber symptomatischer Erkrankung durch die Omikron-Variante mit der Zeit deutlich nachlässt und im Vergleich zur Wirksamkeit gegenüber der Delta-Variante deutlich geringer ist. Ab etwa 15 Wochen nach der zweiten Impfstoffdosis kann nicht mehr von einem ausreichenden Schutz vor Erkrankung nach Grundimmunisierung ausgegangen werden. Erste Studiendaten zeigen jedoch, dass ein guter Schutz gegenüber der Omikron-Variante durch eine Auffrischimpfung erzielt werden kann.

Derzeit ist Delta (B.1.617.2) die vorherrschende Virusvariante in Europa (siehe auch Übersicht und Berichte zu besorgniserregenden SARS-CoV-2-Virusvarianten (VOC)).

Das living systematic review der STIKO-Geschäftsstelle hzeigt, dass die Effektivität der COVID-19-Impfstoffy Comirnaty, Spikevax und Vaxzevria gegen jegliche Infektion für die Delta-Variante um 10-20 Prozentpunkte unter der Effektivität gegen die Alpha-Variante liegt. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass die Effektivität gegen Delta bezüglicher jeglicher Infektion schneller abnimmt als die Effektivität gegenüber anderen Varianten.

Die Schutzwirkung gegen eine schwere COVID-19-Erkrankung ist für die Impfstoffe Comirnaty, Spikevax sowie Vaxzevria weiterhin hoch (siehe FAQ: Wie wirksam sind die COVID-19-Impfstoffe?) und auch die Wirksamkeit gegen eine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion mit der Delta-Variante ist bei allen drei Impfstoffen gut.“

Quelle: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html

Aktuell ist sowohl ein angepasster Impfstoff von BioNTech gegen die Variante „Omikron“ in der Zulassung (voraussichtliche Zulassung März-Mai) und auch der bisher noch nicht zugelassene Totimpfstoff „Valneva“ soll gegen „Omikron“ eine Wirksamkeit haben. Hier sind allerdings noch weitere Daten notwendig.

Weitere Quellen: https://www.pei.de/DE/newsroom/hp-meldungen/2021/211208-omicron-variante-schutz-nach-auffrischungsimpfung-moeglich.html, ; Preprint aus Dänemark https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.12.20.21267966v3 – Effektivität eingeschränkt aber nach Booster wieder besser.

Ist der Impfstoff für Kinder zugelassen?

Ja laut EMA ab dem 12. Lebensjahr. Seit 25.11.2021 wird auch die Zulassung ab dem 5. Lebensjahr durch die EMA empfohlen.

In den USA wurden bisher mehr als 10 Millionen Kinder geimpft. Diese Daten wurden durch die STIKO ausgewertet, die sich auch für eine Impfung von 12-17 jährigen Kindern ausspricht:

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/33_21.pdf?__blob=publicationFile

Am 20.09.21 gibt die Firma BioNTech bekannt, dass der Impfstoff auch für Kinder im Alter von 5-11 Jahren sicher und effektiv sei. Im Rahmen dieser positiven Ergebnisse wird nun die Zulassung auch für unter 12 Jährige beantragt. Die Dosis wird bei Impfungen von Kindern unter 12 Jahren angepasst.

Inzwischen (Stand 25.11.) empfiehlt auch die EMA die Zulassung für Kinder ab dem 5. Lebensjahr.

https://www.ema.europa.eu/en/news/comirnaty-covid-19-vaccine-ema-recommends-approval-children-aged-5-11 ; https://www.tagesschau.de/ausland/europa/biontech-kinderimpfstoff-101.html ; https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product-information_de.pdf

Auch die STIKO empfiehlt die Impfung auch für 12 bis 17 Jährige.

https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-08-16.html

Zusätzlich empfiehlt die STIKO Kindern im Alter von 5-11 Jahren, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung haben die COVID-19-Impfung mit Comirnaty. Gleiches gilt für Kinder und Jugendliche ab 5 Jahren, in deren Umfeld sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hoher Gefährdung für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen der begründete Verdacht auf einen nicht ausreichenden Schutz nach Impfung besteht (z. B. Menschen unter relevanter immunsuppressiver Therapie).“

Wichtig ist aber auch: „Eine allgemeine Impfempfehlung der STIKO für nicht voerkrankte Kinder von 5-11 Jahren besteht derzeit nicht. Die COVID-19-Impfung kann aber auch bei 5- bis 11-jährigen Kindern ohne Vorerkrankungen bei individuellem Wunsch von Kindern und Eltern bzw. Sorgeberechtigten nach ärztlicher Aufklärung erfolgen.“

https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Impfung_Kinder_Jugendliche.html

Gibt es Daten zu einer Impfung während einer Schwangerschaft und Stillzeit?

Die STIKO empfiehlt die Impfung von Schwangeren ab dem 2. Trimenon und für Stillende.

https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-09-10.html

Auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. empfiehlt in ihrem Schreiben (Mai 2021) eine priorisierte mRNA-Impfung gegen Covid-19 von Schwangeren. Stillenden Frauen soll eine mRNA-Impfung gegen Covid-19 angeboten werden.

Stellungnahme Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

https://www.nature.com/articles/s41591-021-01490-8

Empfehlungen zur 3. Impfung (Booster/Auffrisch-Impfung):

Das RKI empfiehlt in einem Bericht vom 20.01.2022 allen Personen ab dem 12.-17. Lebensjahr eine Auffrischung-Impfung (3. Impfung) 6 Monate nach der letzten Impfung. Diese Empfehlung gilt auch für Schwangere ab dem 2. Trimenon.

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/03_22.pdf?__blob=publicationFile

Hintergrund-Informationen: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2113468 (3. Dosis nach 7-9 Monaten kann den Schutz verlängern und verbessern.)

Aktuell wird von einem guten Schutz nach einer im Vergleich zur zweiten Impfung verkürzten Zeit von etwa einer Woche ausgegangen. https://www.ndr.de/nachrichten/info/coronaskript342.pdf

Können Geimpfte weiterhin Überträger des Virus sein?

Ja, eine Übertragung ist weiterhin möglich.

Trotzdem beschäftigt diese Frage die Wissenschaftler weiterhin sehr. Erste Daten liegen nun unter anderem aus Israel vor. Hierbei gehen die israelischen Wissenschaftler davon aus, dass 89,4% der Übertragungen durch den Impfstoff verhindert werden können.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-biontech-impfstoff-stoppt-virus-uebertragung-zu-89-4-prozent-a-f02ef45b-00b2-412d-b2ad-260ad8d2ddca

https://www.nature.com/articles/s41591-021-01316-7

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3790399

Inzwischen ist laut RKI das Risiko der Übertragung durch Geimpfte deutlich reduziert.

https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Transmission.html

Hilft die Impfung auch gegen Long Covid?

Endgültig geklärt ist diese Frage bisher wissenschaftlich nicht, allerdings gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Impfung (mindestens 2 Dosen) durch die weniger ausgeprägten Symptome auch gegen Land-Covid helfen könnte.

Pre-Print: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.01.05.22268800v2

Stimmt es, dass sich der BioNTech Chef Ugur Sahin nicht selbst impfen lassen will?

Nein, in einem Interview mit der ARD sagte er, dass er sich selbstverständlich impfen lassen werde und auch eine Möglichkeit suche, seine MA frühzeitig impfen zu lassen, damit diese nicht an SARS-CoV-2 erkrankten und deshalb in der Produktion ausfielen.

Alles rund um „Nebenwirkungen“ bzw. Sorgen:

Kann die Impfung eine Frau im gebärfähigen Alter unfruchtbar machen?

Nein, das ist nicht der Fall. 

Es kursiert eine Annahme, die besagt, dass eine starke Ähnlichkeit von Syncytin-1 (einem für die Plazenta-Bildung wichtigen Hormon) und dem Spike-Protein des SARS-CoV-2 bestehe. Durch diese Ähnlichkeit – so die Annahme – werde dann eine Reaktion von Antikörpern, wie sie durch die Impfung gebildet werden, auch gegen das für die Plazenta-Bildung wichtige Syncytin-1 ausgelöst und dadurch eine Schwangerschaft verhindert/abgestoßen.

Wenn wir nun die Aminosäure-Sequenzen des Spike-Proteins und des Syncytin-1 vergleichen, sehen wir nur eine minimale Übereinstimmung von einzelnen Aminosäuren. Diese führen nicht dazu, dass das Protein hinterher gleich aussieht. -> Es handelt sich also um zwei gänzlich andere Proteine, weshalb man keine durch Antikörper gegen das Spike-Protein ausgelöste Autoimmunreaktion (Körper gegen körpereigenes Material) befürchten muss. 

Zusätzlich würde bei dieser schon widerlegten These auch eine Covid-Infektion zu Unfruchtbarkeit führen. Das wurde aber bisher in keinem Fallbericht beschrieben. Hierzu gibt es eine geburtshilfliche Studie, die zeigt, dass eine Covid-Infektion nicht zu einem frühen Abbruch der Schwangerschaft führt. (Coronavirus disease 2019 and first-trimester spontaneous abortion: a case-control study of 225 pregnant patients; doi: 10.1016/j.ajog.2020.10.005.)

Was ist mit Berichten über Zyklusunregelmäßigkeiten nach einer Impfung?

Bislang sind solche Nebenwirkungen bei Comirnaty noch nicht gelistet, aber durch ein gehäuftes Auftreten wurde nun ein Paper mit einer Auswertung solcher Nebenwirkungen veröffentlicht. Zunächst hier eine klare Entwarnung: In klinischen Studien wurden ungeplante Schwangerschaften zu gleichen Teilen bei geimpften und ungeimpften Frauen berichtet. Zusätzlich zeigten sich auch unveränderte Fertilitätsmessungen und Raten an Schwangerschaften in Reproduktionsmedizinischen-Zentren im Vergleich von geimpften zu umgeimpften Frauen. Des Weiteren zeigte sich in der überwiegenden Zahl ein Zurückkehren der „normalen“ Periode innerhalb eines Zyklus. Dennoch ist es wichtig auch dieser Nebenwirkung nachzugehen und sie genauer zu erforschen.

Es wird angenommen, dass die durch die Impfungen (hierbei ist es egal ob mRNA oder Vektor-Impfstoff) hervorgerufene Immunreaktion zu den Zyklusunregelmäßigkeiten führen. Ähnliche Veränderungen sieht man auch bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 und bei anderen Impfungen wie zum Beispiel der Impfung gegen Humane Papilloma Viren (HPV) zeigten sich zum Teil Zyklusunregelmäßigkeiten im Verlauf.

Alle Hintergrundinformationen hierzu findet man im folgenden Paper:

Menstrual changes after covid-19 vaccination: https://www.bmj.com/content/374/bmj.n2211

Was ist mit den Patienten, bei denen eine sogenannte „Fazialisparese“ nach der Impfung aufgetreten ist?

Von mehr als 22.600 Teilnehmern wurde bei 4 Patienten eine vorübergehende Gesichtslähmung (Fazialisparese) festgestellt. Es konnte aber KEIN kausaler Zusammenhang festgestellt werden. 

Quelle: (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/119166/SARS-CoV-2-Impfstoff-von-Biontech-Pfizer-erzielt-schon-frueh-Schutzwirkung-FDA-hat-keine-Sicherheitsbedenken)

Lösen Bestandteile, die in der Impfung enthalten sind, Alzheimer aus?

Die Annahme ist, dass das Aluminium, welches in manchen Medikamenten enthalten ist, Alzheimer auslösen kann.

Im Impfstoff Comirnaty (BNT162b2) ist KEIN Aluminium enthalten.

Quelle: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product-information_de.pdf

Werden Nebenwirkungen der Öffentlichkeit verschwiegen?

Es besteht eine MELDEPFLICHT nach dem Infektionsschutzgesetz und zusätzlich hat jeder Geimpfte auch das Recht und die Möglichkeit, seine Nebenwirkungen selbst zu melden.

Wo kann ich selbst eine Nebenwirkung melden? –> https://nebenwirkungen.bund.de/SiteGlobals/Forms/nebenwirkungen/covid-19-impfstoff/01-person/person-node.html;jsessionid=92D17AD42D3B30E06644923A858719D5.intranet181

Wer sich weitergehend mit der Sicherheit der Impfstoffe auseinander setzen möchte, kann sich hier bei der zuständigen Behörde, dem Paul-Ehrlich-Institut, die Sicherheitsberichte durchlesen:

https://www.pei.de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/arzneimittelsicherheit.html

Was ist mit der sogenannten Herzmuskelentzündung / Myokarditis?

Eine Herzmuskelentzündung ist ein seltenes in Zusammenhang mit der Impfung aufgetretenes Ereignis, welches auch weiterhin geprüft und untersucht wird. „In der Mehrzahl der Fälle wurden die Patientinnen und Patienten mit Herzmuskelentzündungen hospitalisiert, hatten jedoch zu großen Teilen unter der entsprechenden medizinischen Versorgung einen zunächst unkomplizierten Verlauf.“

https://www.pei.de/DE/newsroom/pm/jahr/2021/24-mykke-register-erfassung-kinder-myokarditis-verdacht-covid-19-impfung.html

Auch die STIKO empfiehlt in einer Nutzen-Risiko-Abwägung im Hinblick auf eine Herzmuskelentzündung die Impfung:

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/46_21.pdf?__blob=publicationFile

Welche Nebenwirkungen sind laut EMA Produktinformation bekannt?

(Auszug aus: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product-information_de.pdf)

Wie alle Impfstoffe kann auch Comirnaty Nebenwirkungen haben, die aber nicht bei jedem auftreten müssen.

Sehr häufige Nebenwirkungen: kann mehr als 1 von 10 Behandelten betreffen 

  • an der Injektionsstelle: Schmerzen, Schwellung, Rötung
  • Ermüdung
  • Kopfschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • Schüttelfrost
  • Gelenkschmerzen
  • Durchfall
  • Fieber

Einige dieser Nebenwirkungen traten bei Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren etwas häufiger auf als bei Erwachsenen.

Häufige Nebenwirkungen: kann bis zu 1 von 10 Behandelten betreffen 

  • Übelkeit
  • Erbrechen

Gelegentliche Nebenwirkungen: kann bis zu 1 von 100 Behandelten betreffen

  • vergrößerte Lymphknoten (häufiger beobachtet nach der Auffrischungsdosis)
  • Unwohlsein
  • Armschmerzen
  • Schlaflosigkeit
  • Jucken an der Injektionsstelle
  • allergische Reaktionen wie Ausschlag oder Juckreiz
  • Schwächegefühl oder Energiemangel/Schläfrigkeit
  • verminderter Appetit
  • starkes Schwitzen
  • nächtliche Schweißausbrüche

Seltene Nebenwirkungen: kann bis zu 1 von 1.000 Behandelten betreffen

  • vorübergehendes, einseitiges Herabhängen des Gesichtes
  • allergische Reaktionen wie Nesselsucht oder Schwellung des Gesichts

Sehr seltene Nebenwirkungen: kann bis zu 1 von 10 000 Behandelten betreffen
Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis) oder Entzündung des Herzbeutels (Perikarditis), die zu Atemnot, Herzklopfen oder Thoraxschmerzen führen können

Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar)

  • schwere allergische Reaktionen
  • ausgedehnte Schwellung der geimpften Gliedmaße
  • Anschwellen des Gesichts (ein geschwollenes Gesicht kann bei Patienten auftreten, denen in der Vergangenheit dermatologische Filler im Gesichtsbereich injiziert wurden)
  • eine Hautreaktion, die rote Flecken oder Stellen auf der Haut verursacht, die wie ein Ziel oder eine Zielscheibenmitte mit einer dunkelroten Mitte aussehen können, das von hellroten Ringen umgeben ist (Erythema multiforme)

Meldung von Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über das o.g. Meldesystem anzuzeigen und soweit verfügbar, die Chargennummer anzugeben.

Besteht also nach der Impfung ein erhöhtes Thrombose-Risiko?

Bisher ist diese Nebenwirkung nicht bekannt, bzw. nicht vermehrt aufgetreten.

Weitere Hinweise:

Was muss ich beachten, wenn ich Vorerkrankungen habe?

Es gibt nur ausgesprochen wenige Kontraindikationen, die gegen eine Impfung sprechen würden. Hier sind vor allem stärkste allergische Reaktionen genannt.

Bitte besprechen Sie die Impfung mit ihrem Haus- oder Impfarzt/-ärztin. Einige Informationen zu diesem Thema finden Sie z.B. auf der Seite des RKI:

https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/STIKO_Weitere/Tabelle_Immundefizienz.html

Was muss ich beachten, wenn ich Allergien habe?

Es traten in zu Beginn der Impfkampagne in Großbritannien zwei schwerwiegende allergische Reaktionen auf. Das Paul-Ehrlich-Institut gibt, nach gründlicher Prüfung, dazu folgende Empfehlungen: Sofern man eine bekannte Allergie gegen Inhaltsstoffe des Impfstoffs habe, solle man nicht geimpft werden. Ansonsten bestehe nach derzeitigem Kenntnisstand keine Kontraindikation für die Impfung bei Allergikerinnen und Allergikern. Ein mindestens 15-minütiger Überwachungszeitraum nach der Impfung solle eingehalten werden.

https://www.pei.de/DE/newsroom/positionen/covid-19-impfstoffe/stellungnahme-allergiker.html

Persönlicher Kommentar:

Ich persönlich bin seit dem 27.12.2020, 18.01.2021 und 03.09.2021 geimpft und habe bis auf leichte bis moderate Schmerzen im Arm und Abgeschlagenheit mit etwas erhöhter Temperatur nach der zweiten Impfung, die für einen Tag anhielt, keine weiteren Beschwerden entwickelt. Inzwischen habe ich auch die dritte Impfung gut vertragen.

Bei weiteren Fragen gibt es das sehr übersichtliche und informative FAQ des RKI hier:

https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVIDImpfen/gesamt.html;jsessionid=F8BDBBA2FA1D735C73B1DC7D06726B7E.internet111

Ich hoffe, ich konnte ein paar Fragen beantworten,

Eure Dana Maresa

P.S. Ich zitiere hier in diesem Text NICHT in gleicher wissenschaftlicher Form wie in medizinischen Journals, um den Text verständlicher beizubehalten und die Quellen direkt einzubinden. 

Bei Fehlern gern in FOAMed-Manier eine Rückmeldung an mich! Ich schreibe hier meine persönlichen Ansichten nach aktuellem Stand der Wissenschaft.

PDF: Da das PDF durch die mehrfachen Ergänzungen und Aktualisierungen inzwischen deutlich zu alt ist, wurde es an dieser Stelle entfernt.

Autorin

Dr. med. Dana Maresa Spies

Weitere (FOAMed) Quellen

NDR – Podcast mit Prof. Sandra Ciesek und Prof. Christian Drosten: https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcast4684.html

Impfmythen: https://www.zusammengegencorona.de/impfen/basiswissen-zum-impfen/impfmythen/ Hier werden viele Fragen und Mythen aufgeklärt.

https://www.fasttrack-notfall.com/2021/01/19/corona-update-die-impfung/

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14 Kommentare

  • U. Sismuth

    Vielen Dank für die Informationen!
    Alles Gute für Sie und Ihre Arbeit in der Klinik!

  • Nina

    „Ich persönlich bin seit dem 27.12.2020 und 18.01.2020 geimpft“…

    Ich denke, hier hat sich ein Fehler eingeschlichen und es handelt sich um den 18.01.2021 !?

  • Bernd

    Knackig, klar verständlich, seriöse Quellen (PubMed, EMA, Lancet, etc.) Was will man mehr… Toller Beitrag. Chapeau. 😀

  • Sabine

    Vielen Dank für die kompakte und übersichtliche Zusammenfassung inklusive Nennung relevanter Publikationen! Es muss nicht immer alles wie in einem Journal geschrieben sein. Solche Übersichten braucht es definitiv mehr für das schnelle Nachlesen im klinischen Alltag.

  • Pingback: Podcast Februar 2021 - Folge 25 - pin-up-docs - don't panic

  • Pingback: "titriert" SARS-CoV-2 Impfung - pin-up-docs - don't panic

  • Björn

    Dieser exzellente und gnadenlos auf den Punkt gebrachte Artikel ist Pflichtlektüre für alle, die Zweifel an der Sinnhaftigkeit oder Sicherheit der Schutzimpfung hegen.

    Wer Angst vor der Impfung hat, findet hier alle wichtigen Antworten aus erster Hand. Aus der Praxis für die Praxis. Wer auch daran noch zweifelt, mag sich die wissenschaftlichen Quellen einverleiben. Ich als medizinischer Laie komme dabei sehr schnell an meine Grenzen.

    ABER: Ich vertraue den Expert:innen aus Wissenschaft und Klinik, denn ohne sie wären wir alle schon längst am Ende. Drehen wir doch das Rad gedanklich einmal zurück ins Jahr 1796, dem Jahr des wissenschaftlichen Durchbruchs der Impfung. Denn es wird oft vergessen, dass die Impfung an sich eine der wichtigsten Errungenschaften der Medizingeschichte überhaupt ist. Ohne Impfungen wäre unser heutiges zivilisiertes Leben schlichtweg unmöglich. Die Meisten von uns wären nie zur Welt gekommen, weil Seuchen bereits den Generationen der Vorfahren den Tod gebracht hätten.

    Hut ab vor dieser Leistung und deinem unermüdlichen Einsatz, die Informationen auch noch neben der Arbeit auf Stand zu halten. Lass dich nicht entmutigen! Und: DANKE!

    Ich bin selbst unendlich dankbar dafür, dreimal geimpft zu sein. Mein persönliches Motto ist daher: Nadel rein und sicher sein!

    Dir weiterhin gaaaaanz viel Erfolg für deine ungeheuer wertvolle und wichtige Arbeit. Dem gesamten Pin-Up-Docs-Team sei deutlich gesagt: Beste Podcast-Plattform ever!

  • Danke für die Erklärung des Unterschiedes zwischen Impfreaktion, Impfkomplikation, Impfschaden. Gut zu wissen, dass bei den Studien niemand gestorben ist. Ich bin war bei dem Thema auch zunächst etwas skeptisch, eine Impfberatung beim Hausarzt war meine Entscheidung dann aber klar.

    • Dana Maresa Spies

      Hallo Rudi,

      es freut uns, wenn Dir der Artikel gefällt 😉 Danke für deine Rückmeldung!

      Herzlichen Gruß von den Pin-up-docs,
      Dana

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