Basics Beatmung bei COVID-19

Die Sorge wird immer größer, dass „Nicht-Intensivmediziner“ sich um Beatmungen kümmern müssen.

Beatmung ist ein sehr komplexes Thema und Beatmung in der Tiefe zu erklären ist in der kürze der Zeit jetzt überhaupt nicht möglich, deshalb haben wir einen Flowchart erstellt, wie Beatmung bei einem COVID-19-Patienten funktionieren kann und sollte.

Auch hier sei nocheinmal darauf verwiesen, dass wir weder Dozenten noch Chefärzte an Universitätsklinika sind. Alles was wir hier schreiben ist unsere Best-Practice und darf kommentiert, geteilt und weiter verbreitet werden. Ganz im Sinne von #FOAMed

Wenn Ihr uns dann als Quelle nennt, freuen wir uns natürlich, leider ist dies in letzter Zeit auch häufiger nicht passiert und das ärgert uns dann doch, weil wir eine Menge Zeit und Herzblut in unsere Projekte stecken.

Für Intubation & ARDS-Management im Allgemeinen möchten wir auf unsere Artikel bzw. Podcasts verweisen:

Atemwegsmanagement bei COVID-19

ARDS Management bei COVID-19

Podcast ARDS

Was ist denn nun wichtig bei COVID-19 und Beatmung solcher Patienten ?

Primär muss man verstehen, dass es sich beim ARDS bei COVID-19 Patienten nicht um ein ARDS im klassischen Sinne handelt, denn die Compliance der Lunge nimmt nicht ab. Das ist super für uns als behandelndes Personal, denn es macht uns die Beatmung deutlich einfacher !

Was wir empfehlen in Anlehnung an das ARDS-Network und unsere Best-Practice:

  • Invasive Beatmung bevorzugen (Kein Aerosol) und bei PaO2/FiO2 < 200 mmHG zwingend
MethodeO2-Flow
l/min
Geschätze
FiO2
Nasensonde/Nasenbrille10,24
20,28
30,32
40,36
50,40
60,44
Gesichtsmaske50,4
6-70,5
7-80,6
Gesichtsmaske mit Reservior60,6
70,7
80,8
90,9
100,95
Geschätzte FiO2 – Werte bei O2-Therapie
  • Lungenprotektive Beatmung mit Atemzugvolumina (VT) von 5-6 ml kg/ ideales Körpergewicht (die Lunge wächst nicht mit der Adipositas mit!)
  • Differenz zwischen Beatmungsspitzendruck und Peep (Driving pressure) von < = 15 mbar
  • Vor Diskonnektion Tubus (z. B. Filterwechsel): Tubusklemme verwenden Cave: PEEP-Verlust und Beatmungsgerät in den Stand-By
  • Tiefe Sedierung um ein Mitatmen des Patienten des Patienten, v.a. in der Initialphase zu vermeiden, da es hierbei zu hohen Scherkräften für die Lunge kommen kann und eine Ventilator-induced-lung-injury (VILI) wollen wir nach Möglichkeit vermeiden.
    • Richmond Agitation-Sedation-Score [RASS] -5, ggf. Mehrfachsedierung. Pulmonal vorteilhafte Medikamente: Volatile Anästhestika, z. B. Sevofluran via MIRUS oder AnaConDa; (Es-)Ketamin.
    • Verwende Neuro-Monitoring zur Sedierungskontrolle, wenn verfügbar (z. B. BIS).
  • Mit PEEP-Niveau von 10 mbar beginnen und PEEP im Verlauf anpassen nach ARDS-Network-Tabelle
  • FiO2 an PaO2 anpassen, ausreichend ist ein PaO2 von 60-80 mmHG
  • wenn PaO2/FiO2 < 150 mmHG konsequente Bauchlage erwägen (16 Stunden am Stück, dann 8 Stunden wieder Rückenlage, nicht zu schnell deeskalieren, mehrere Zyklen). Wie Bauchlage geht, könnt ihr hier sehen.
  • ggf. Vollrelaxierung des Patienten für Bauchlage mit z.B. Rocuronium-Perfusor (0,3 -0,6 mg/kg KG/h)
  • Permissive Hyperkapnie ist besser als nicht lungenprotektive Beatmung (pH zwischen 7,1 und 7,15 noch akzeptabel)
    • ggf. Pufferungsversuch: Bei schwerer (gemischter/metabolischer) Azidose korrigiere vorzugsweise mit TRIS-Puffer (Tris(hydroxymethyl)-aminomethan [THAM]), da keine CO2-Retention. Vorteilhaft auch bei Hypervolämie und Hypernatriämie, da – im Gegensatz zu Natriumhydrogenkarbonat – kein Natrium enthaltend – mit geringen Mengen NaBi
      • (0,3 molar) TRIS-Bedarf (mL) ≈ Basendefizit x Kilogramm Körpergewicht
  • Weaning primär nicht entscheiden, dann nach RS OA bzw. erfahrenem Kollegen

Wir hoffen hiermit einen guten Überblick über Beatmung bei COVID-19 verschafft zu haben. Habt ihr Anregungen oder Fehler gefunden, dann schreibt uns!

Autoren:

Pott, Johannes

Doll, Thorben

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11 Kommentare

  • Moin, tolle Übersicht. Anbei einige Punkte zur Ergänzung:

    1. Vor Diskonnektion Tubus (z. B. Filterwechsel): Tubusklemme verwenden (cave: PEEP-Verlust)
    2. Tiefe Sedierung anstreben (Richmond Agitation-Sedation-Score [RASS] -5), ggf. Mehrfachsedierung. Pulmonal vorteilhafte Medikamente: Volatile Anästhestika, z. B. Sevofluran via MIRUS oder AnaConDa; (Es-)Ketamin. Verwende Neuro-Monitoring zur Sedierungskontrolle, wenn verfügbar (z. B. BIS).
    3. Für eine routinemäßige Anwendung kontinuierlicher neuromuskulärer Blockade beim ARDS gibt es derzeit keine Evidenz [ROSE-Studie (Moss M et al., Re-evaluation Of Systemic Early neuromuscular blockade. N Engl J Med 2019; 380: 1997]. Sie bleibt weiterhin eine absolute medizinische Einzelfallentscheidung.
    4. Pufferung: Bei schwerer (gemischter/metabolischer) Azidose korrigiere vorzugsweise mit TRIS-Puffer (Tris(hydroxymethyl)-aminomethan [THAM]), da keine CO2-Retention. Vorteilhaft auch bei Hypervolämie und Hypernatriämie, da – im Gegensatz zu Natriumhydrogenkarbonat – kein Natrium enthaltend.
    (0,3 molar) TRIS-Bedarf (mL) ≈ Basendefizit x Kilogramm Körpergewicht
    5. Bronchoskopie: Eher zurückhaltend einsetzen (erhöhte Infektionsgefahr für das gesamte Personal, PEEP-Verlust etc.). Vorteilhaft: POCUS der Lunge (Diagnostik und Verlauf des Lungenschadens, Hydratationsstatus/Volumenkontrolle etc.).
    Link: https://dasfoam.org/2020/03/18/der-lungen-pocus-in-zeiten-der-corona/?fbclid=IwAR0conVa0SuQsg11if9Wz-lzwJXqCPcNsbTrMA0admCacXD9AfIwej6f8VU

    Liebe Grüße, Thorsten

    • Thorben Doll

      Moin Thorsten,

      Vielen Dank für deine Anregungen!

      1. Ist einbebaut
      2. Ist ergänzt
      3. Das trifft für das „Normale“ ARDS zu (und wird von uns auch so gemacht) – Die aktuellen Empfehlungen aus Italien und China haben Relaxierung aber noch aufgenommen
      4. Für die die TRIS-Puffer haben sicherlich richtig – ist aber nicht überall verfügbar – habe es aber ergänzt
      5. Steht in unserem Atemwegsmanagement Flow-Chart und das Video von Felix ist natürlich super!

      Lieben Gruß

      Thorben

  • Margot

    Hallo, es wäre toll, wenn Ihr dieWerte gleich in kPa umrechnen könntet und als Alternative, damit arbeiten wir- und umrechnen ist immer auch eine Fehlerquelle.
    Danke,

    • Thorben Doll

      Moin Margot,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Du hast natürlich absolut recht. Wir werden versuchen, es in Zukunft zu berücksichtigen.

      Liebe Grüße

      Thorben

  • Ina

    Vielen lieben Dank für diesen Überblick! Für mich als „einfachen Internisten“ an einem Krankenhaus der Grundversorgung ist Beatmung ein Buch mit sieben Siegeln (gerade da meine ITS-Zeit schon wieder 5 Jahre her ist). Da hilft mir der Chart wirklich weiter. So fühle ich mich wenigstens ein bisschen vorbereitet.

  • Thomas Ihmann

    Hallo, super Übersicht. Vielen Dank für eure Bemühungen und euren Einsatz

    Zu diskutieren sind noch die zielparameter da steht ein Ziel pao2 von größer 80 mmHg. Ziel pao2 wäre doch aber eigentlich 60 bis 80 mm lg. So habt ihr es auch in eurem intensiv Skript geschrieben. Ausreichend ist ein Ziel pro2 von 60 bis 80 mm Hg. Dies würde ja auch den aktuellen Leitlinien zur sauerstofftherapie in der Intensivmedizin gelten. Liebe Grüße Thomas

  • Leif

    Hey! Sagt mal, betreffend die Tabelle mit den geschätzten FiO2-Werten: gibts dazu Literatur oder ist das empirische Erfahrung aus eurem Alltag? Viele Grüße!

    • Johannes Pott

      Hallo Leif,

      wir verweisen hier auf die High-PEEP-Tabelle des ARDS-Network.

      Viele Grüße,

      Johannes

      • Leif

        Sorry, wahrscheinlich steh ich grad total auf dem Schlauch, aber wo kann ich denn aus der High-Peep-Tabelle des ARDS-Network ersehen, dass z.B. ein O2-Flow von 4l/min über Nasenbrille einer geschätzten FiO2 von 0,36 entspricht!?

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