Jetzt schlägt’s 13! Faktor XIII-Mangel

Was haben diese 3 Patienten gemeinsam ?

  • Die kleine Lea ist erst vor wenigen Tagen auf die Welt gekommen. Den Hebammen und den Kinderkrankenschwestern fällt auf, dass der Nabelstumpf immer wieder zu bluten beginnt.
  • Anne ist 27 Jahre alt und todunglücklich. Schon zum 3. Mal hat sie ein Kind in der Frühschwangerschaft verloren. Die Gynäkologen sprechen nun von habituellen Abort.
  • Kurt ist 67 Jahre alt. Eigentlich hätte er schon vor 10 Tagen in die Rehaklinik verlegt werden sollen. Stattdessen wurde die OP-Wunde bereits zweifach revidiert und die Wunde will einfach nicht richtig heilen.

Faktor-XIII-Mangel

Sehr selten 1:1 000 000 – 5 000 000, hereditär, autosomal-rezessiv

oder erworben (Synthesestörungen, Dilution, DIC, Antikörper) häufiger

Symptome: Hereditär: schwere Blutungssymptome mit Gelenkblutungen und cerebralen Blutungen im Säuglingsalter, Spontanaborte, Oligospermie

Fast diagnostisch verwertbar sind Nabelschnurblutungen (~80% d.F., Hebamme fragen). Blutungssymptomatik korreliert nicht eindeutig mit dem Faktorenspiegel. Ein weiteres pathognomonisches Symptom ist eine verzögerte Wundheilung.

Durch Wirkung des Faktors in der Spätphase der Koagulation, sind prolongierte Nachblutungen möglich. Auch auffällig bei langer OP-Dauer sich im Verlauf bildende Koagulopathie.

Erworbener Mangel kann im Rahmen von Komorbiditäten wie Leberversagen, CED, myeloischer Leukämie auftreten. Antikörperbildung bei autoimmunologischer Genese möglich. Perioperativ kann durch Blutverlust, Hämodilution oder Faktorenverbrauch (insbesondere bei HLM, kardiochirurgischen Eingriffen) ein FXIII-Mangel entstehen.

Heterozygote Patienten sind meistens asymptomatisch.

Faktor XIII (Fibrin-stabilisierender Faktor, Laki-Lóránd-Faktor)

  • sorgt für die Quervernetzung der Fibrinmonomere (alpha- und gamma-Ketten) nach Thrombin-induzierter und Calcium-abhängiger Aktivierung; FXIII ist eine Transglutaminidase keine Serinprotease, daher klebt er Verbindungen
  • baut alpha2-Antiplasmin in die Fibrinmonomere ein und sorgt für die Inhibierung der Fibrinolyse
  • Beeinflussung der Wundheilung durch Stimulation der Migration der Fibroblasten und deren Proliferation
  • FXIII befindet sich in der Grenzschicht zwischen der maternalen und fötalen Placenta und moduliert dort die Fibrinolyse, daher spielt es auch eine Rolle in der Aufrechterhaltung der Schwangerschaft.
  • Halbwertzeit ca. 7 Tage

Abbildung 1 Gerinnungskaskade

Abbildung 2 Quervernetzung des Fibrins durch FXIII

Diagnostik:

Faktor XIII wird NICHT durch die aPTT oder den Quick-Test erfasst. Nachweis des Mangels erfolgt mittels photometrischem Test (Berichrom ® Faktor XIII, Pefakit® Faktor XIII) oder durch fluometrische Messungen (Fluogene-Faktor-XIII-Test).

Indirekt scheint sich der Mangel in der Rotationsthrombelastometrie abzubilden. Die Studienlage hierzu erscheint etwas inhomogen. Einerseits sprechen Studien von einem möglichen Nachweis über MCF-ExTEM oder MCF-FibTEM andere sprechen in der der Spätphase der Messung (>60min) von einer Zunahme der maximalen Lyse (ML), die sich auch im ApTEM-Ansatz (Fibrinolyseansatz) nicht normalisieren lässt. Dieses lässt sich aber nicht mit der Faktorenkonzentration des FXIII korrelieren. Daher bleibt die Einzelfaktorenmessung die valideste Methode.

Beim Fibrinlöslichkeitstest zeigt sich 24h stabiles Fibrin.

Eine molekulare Diagnostik ist möglich, aber nicht notwendig zum Stellen der Diagnose (NGS- oder Sanger-Sequenzierung, Pränataldiagnostik möglich).

Therapie:

Faktor XIII-Substitution (Fibrogammin ® P)

Bei akuten Blutungen 10-30IE /kgKG je nach Blutungsstärke bis zur Blutstillung (bei großen Blutungen/Eingriffen bis zur Wundheilung). 1 IE FXIII-Konzentrat pro kgKG hebt die Plasmaaktivität um 1-2%.

Falls FXIII-Konzentrat nicht verfügbar: FFP 15-20ml/kgKG (Nur überbrückende Therapie, CAVE größere Mengen Frischplasma nötig)

Zielspiegel nach Substitution >60% (Normwert 70-140%)

Autor:

Ines Severloh

Literatur

Bruhn, Hach-Wunderle, Schambeck, Scharf Hämostaseologie für die Praxis; 2. Auflage, Schattauer 2011

Helmut Tschulik et. al; Gerinnung im klinischem Alltag, Auflage 7, Interdisziplinäre Gerinnungsgruppe Steiermark 2016

Fries, Streif, Gerinnungsmanagement in der Intensivmedizin Springer, 1. Auflage 2014

Muszbek,L.; Bagoly,Z.; Bereczky,Z.; Katona,E. The involvement of blood coagulation factor XIII in fibrinolysis and thrombosis, Cardiovascular & hematological agents in medicinal chemistry, 2008

Stellenwert der Thrombelastometrie für das Monitoring von Faktor XIII -Prospektive Observationsstudie bei neurochirurgischen Patienten, C. F. Weber; J. O. Sanders; K. Friedrich; R. Gerlach; J. Platz; W. Miesbach; A. A. Hanke; C. Hofstetter, Schattauer 2011

Fachinformation Fibrogammin ® P, CLS Behring 2008

https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?lng=DE&Expert=331

 C.F. Weber · C. Jambor · M. Marquardt · K. Görlinger · B. Zwissler,  Erfassung eines Faktor-XIII-Mangels mit der Thrombelastometrie,  Anaesthesist 2008· 57:487–490

E. H. Adam1 · S. Kreuer2 · K. Zacharowski1 · C. F. Weber1 · R. Wildenauer3, Gerinnungsfaktor XIII – Pharmakodynamische und pharmakokinetische Eigenschaften, Anaesthesist 2017· 66:52–59

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