„Du hast keine Zeit zu bluten…“ Gerinnungsmanagment unter DOAKs – Basics

Die DOAKs sind da. Die Indikationen für den Einsatz der Anti-Xa Hemmern und von Dabigatran werden (von der Pharmaindustrie) kontinuierlich ausgebaut – damit leider auch die Blutungskomplikationen. Wir versuchen euch die Basics im Management mit diesen Patienten näher zubringen – so evidenzbasiert wie es eben geht.

Zunächst einmal eine kurze Begriffsklärung DOAKs und NOAKs (direkte oral Antikoagulanzien bzw. neue orale Antikoagulanzien/ Nicht Vitamin K abhängige orale Antikoagulanzien) sind ein und das selbe. Wir reden aktuell über:

  • Dabigatran – Pradaxa
  • Rivaroxaban – Xarelto
  • Apixaban – Eliquis
  • Edoxaban – Lixian

Wir finden den Begriff NOAKs sollten wir langsam (und mit langsam meinen wir SOFORT) streichen.

  1. weil Dabigatran und Xarelto seit nun mehr 10 Jahren in Deutschland auf dem Markt sind und somit nicht mehr so richtig „NEU“
  2. weil „Nicht-Vitamin-K-abhängig“ nur solange Sinn macht wie Vitamin K unsere Leitsubstanz darstellt (was sich in einigen Jahren erledigt hat)
  3. weil „Nicht-Vitamin-K-abhängig“ dahin führt, wo uns der Begriff Non-Hodgkin-Lymphom hingeführt hat. Es wird eine riesiges Feld unter einem Begriff zusammengefasst, ohne das es medizinisch in irgendeinerweise sinnvoll ist.
  4. weil „direkt“ und „oral“ zumindest ansatzweise eine Idee vom Wirkmechanismus und eine Abgrenzung zu den anderen Antikoagulanzien bietet: Marcumar und Warfarin sind nicht „direkt“ und alle anderen nicht „oral“
  5. weil wir nicht wissen wohin eine solche Namensgebung (Neu) führen soll. Welchen Namen benutzen wir für die nächsten Gruppe? Die „Funkelnagelneuen oralen Antikoagulanzien – FNNOAKs?“ oder die „Extra neuen oralen Antikoagulanziem – ENOAKs“ – ihr versteht was wir sagen wollen.

Zur Situation

Ihr sitzt mal wieder mit eurem Heißgetränk und dem „First-Commander“-Telefon auf der Intensivstation. Es ist nachts so 03:00 und eure Gedanken drehen sich hauptsächlich um eine Möglichkeit eure Augen offen zuhalten. Dankenswerterweise hat der diensthabende Urologe eure Notlage erahnt und reißt euch mit einem Anruf aus euren Gedanken: “ Hier in der ZNA ist ein 70 jähriger Patient mit Makrohämaturie unter NOAKs“ – „ARGH, dieses verdammte Wort“ schießt es euch durch den Kopf, aber der Reihe nach – Gehen wir die Sache mal durch

Wirkmechanismus

Vereinfachte Gerinnungskaskade mit Angriffspunkten der einzelnen DOAKs – erstellt durch Pin-Up-Docs

Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban hemmen Faktor Xa direkt. Dabigatran hemmt Faktor IIa direkt. Am Ende verhindern alle 4 das aus Fibrinogen Fibrin wird und somit das sich ein Thrombus bildet.

IndikationenDie Zulassungen der jeweiligen Präparate sind in Deutschland etwas unterschiedlich. Wir verzichten darauf auf jedes Präparat einzeln einzugehen und geben nur einen generellen Überblick bei welchen Grunderkrankungen euch die DOAKs begegnen können.

  • Vorhofflimmern (nicht valvulär)
  • Rezidivprophylaxe Lungenembolie
  • Rezidivprophylaxe tiefe Beinvenenthrombose
  • Thrombembolieprophylaxe nach Hüft-/Knie-TEP
  • AVK
  • KHK

Derzeit laufen Studien zur Rezidivprophylaxe im Rahmen einer Lungenembolie auf Grund einer aktiven Tumorerkrankung und zum valvulären Vorhofflimmern.

Pharmaktokinetik

DabigatranRivaroxabanApixabanEdoxaban
Cmax (h)3331-2
HWZ (h)12-175-138-1310-14
Tagesdosis
bei VHF

(bei Niereninsuff.)
2x 150 mg

(2x 110 mg)
1×20 mg

(1x 15 mg)
2x 5 mg

(2x 2,5 mg)
1x 60 mg

(1x 30 mg)
renale Elimination80 %33 %25 %50 %
Proteinbindung35 %90 %87 %55 %

Wichtigste pharmakologische Kenndaten der DOAKs

Kann sich keiner merken? Das wichtigste in Kürze:

  • Spitzenspiegel nach ca 3 h
  • Halbwertszeit bei normaler Nierenfunktion ca. 12 h
  • höchste Proteinbindung bei Rivaroxaban

klassische Gerinnungstests

Die klassischen Gerinnungstest (INR, aPTT) werden von allen DOAKs beeinflusst. Das Ausmaß der Beeinflussung ist allerdings von vielen Faktoren abhängig – u.a. von den eingesetzten Testreagenzien. Das Ausmaß der Beeinflussung ist völlig unabhängig von der tatsächlichen Blutgerinnung! Die geringste Beeinflussung (der Gerinnungstests) findet unter Apixaban statt. Unter therapeutischer Apixaban-Einnahme können die Gerinnungstests durchaus normal sein.

Anti-Xa und Escarin-Clotting-Time (ECT)

Für Dabigatran steht die ECT zur Verfügung. Für die übrigen DOAKs der Anti Xa Faktor Test. Diese Tests sind lediglich Spiegelbestimmungen zur Abschätzung der Pharmakokinetik, insbesondere bei Niereninsuffizienz. Sie können lediglich von wenigen Laboren durchgeführt werden und sagen nichts über die Blutungswahrscheinlichkeit aus. Daher ist die Bestimmuns nur in Einzelfällen sinnvoll.

Was muss ich über den Patienten wissen?

  • Wann war die letzte Einnahme ?
    • Spitzenspiegel nach ca 3 h
  • Wie hoch ist die Dosierung ?
    • Überdosiert ?
  • Wie ist die Leberfunktion ?
    • zusätzliche Gerinnungsstörung durch Leberinsuffizienz ?
  • Wie ist die Nierenfunktion ?
    • Ausscheidung normal ?
  • Wie stark ist die Blutung ? / Wie hoch ist das Blutungsrisiko ?
    • Wie schnell muss die Blutgerinnung normalisiert werden ?

allgemeine Maßnahmen

  • Blutstillung
    • lokale Kompression / Damage Control
      • z.B. Druckverband / Packing
    • endoskopische Blutstillung
    • radiologische-Interventionelle Verfahren
    • Chirurgische Blutstillung

Und was ist mit Dialyse?

Dialyse ist aufgrund der Proteinbindung nur bei Dabigatran möglich. Seit der Einführung von Idarucizumab ist dies somit überflüssig. Bei den übrigen könnte man eine Plasmapherese erwägen.

unspezifische pharmakologische Maßnahmen

PPSB

Zusammensetzung:

  • Faktor II
  • Faktor VII
  • Faktor IX
  • Faktor X
  • Außerdem:
    • Protein C
    • Protein S
    • Protein Z

Dosierung: 25-50 U/kg KG i.v. ggf. wiederholen

Evidenz: Dünne Datenlagen – hauptsächlich Studien an Tieren und gesunden Probanden. Aber: Wirkmechanismus macht Sinn (ersetzen der blockierten Faktoren) und die Therapie hat sich im klinischen Alltag bewährt.

aktiviertes PPSB (FEIBA)

Zusammensetzung: s.h. PPSB allerdings in aktivierter Form. Dadurch Umgehung von Faktor VIII.

Dosierunng: 50 U/kg KG (max. 200 U/kg KG/d)

Evidenz: s.h. PPSB

rekombinanter Faktor VIIa

Wirkmechanismus: Durch den aktivierten Faktor VIIa wird eine Faktor VIII unabhängige Aktivierung von Thrombin bewirkt.

Dosierung: 90 µg/ kg KG i.v.

Evidenz: keine Evidenz für Zusatznutzen vorhanden. Wirkmechanismus macht aber Sinn.

Tranexamsäure

Wirkmechanismus: Hemmt die Umwandlung von Plasminogen zu Plasmin und somit die Auflösung der gebildeten Thromben.

Dosierung: 1-2 g i.v.

Evidenz: Im Zusammenhang mit DOAKs: Keine.  Evidenz bei Massenblutungen.

Fibrinogen

Wirkmechnismus: Im Rahmen von Massenblutungen kommt es zu einem frühzeitigen Abfall von Fibrinogen und somit zu einem Mangel.

Dosierung: 2-4 g i.v.

Evidenz: Im Zusammenhang mit DOAKs: Keine.  Evidenz bei Massenblutungen.

Desmopressin

Wirkmechanismus: setzt den von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII aus den Endothelzellen frei.

Dosierung: 0,3 – 0,4 µg/ kg KG i.v.

Evidenz: Im Zusammenhang mit DOAKs: Keine. Wirkung macht nur bedingt Sinn.

spezifische Antidote bei Blutungen unter DOAK-Therapie

Idarucizumab

Wirkmechanismus: monoklonales Antikörperfragment mit hoher Affinität zu Dabigatran. Bindet Dabigatran – hat ansonsten keine Wirkung.

Dosierung: 2x 2,5g i.v.

Evidenz: Ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit, keine gravierenden Nebenwirkungen

Andexanet alpha

Wirkmechanismus: katalytisch inaktive Form von Faktor Xa, welche die Xa Inhibitoren bindet jedoch selbst keine katalytische Wirkung zeigt.

Evidenz: Im Mai 2018 von der FDA in den USA zugelassen. In Deutschland noch in der klinischen Testung.

Zusammenfassung:

Alles ein bißchen viel? Finden wir auch! Damit ihr euch nicht alles merken müsst, hier der Pin-Up-Docs Blutungsalgorithmus – auch als pdf zum download. Das Ganze natürlich ohne Gewähr.

Algorithmus für Blutung unter DOAK
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